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Einsteigen bitte! Hier lernt Hamburg

Foto: Philipp Reiss
Foto: Philipp Reiss
Ausgabe 4 / 2022 Ausgabe als PDF speichern

Herbst und Winter sind ideale Jahreszeiten zum Lesen oder auch, um etwas Neues zu lernen. Wie wäre es mit einer neuen Sprache oder einem Musikinstrument?

Einsteigen bitte! Hier lernt Hamburg


Herbst und Winter sind ideale Jahreszeiten zum Lesen oder auch, um etwas Neues zu lernen. Wie wäre es mit einer neuen Sprache, einem Musikinstrument oder dem sicheren Umgang mit Computern? In fast allen Hamburger Stadtteilen gibt es günstige oder sogar kostenlose Unterhaltungs- und Bildungs-angebote. Manche kommen sogar zu Ihnen nach Hause.


Wer rastet, der rostet bekanntlich. Diesen Spruch hat vermutlich jeder schon mal gehört und weiß, was er bedeutet. Aber woher der Spruch stammt, weiß niemand so genau. Zum ersten Mal taucht er jedenfalls in einem Buch aus dem Jahr 1837 auf: „Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der Deutschen“. Es ist eines der wenigen Bücher, das man nicht in den Hamburger Bücherhallen findet.


Aber sonst gibt es dort so ziemlich jedes Buch – und alles andere, was dabei hilft, damit der Kopf nicht „rostet“: neben Tausenden Büchern auch regelmäßige Lesungen und andere kulturelle Veranstaltungen sowie ein großes Angebot an Workshops. Wem das noch nicht genügt, der kann auch mal bei der Hamburger Volkshochschule vorbeischauen.


DIE HAMBURGER BÜCHERHALLEN
Hamburgs Bücherhallen sind eine echte Institution: Sie bestehen seit 1899 und sind heute mit ihren 33 Standorten die größte städtische Bücherei Deutschlands. Hier gibt es sagenhafte 1,7 Millionen Bücher, Audiobücher, Musik-CDs, Filme, aktuelle Zeitungen und andere Medien. Und nicht nur das: Inzwischen gibt es dort sogar eine „Bibliothek der Dinge“, in der man sich mal eben einen Akkuschrauber, eine Nähmaschine, Spiele, Musikinstrumente oder andere Dinge ausleihen kann. Und natürlich sind die Bücherhallen längst auch digital und bieten viele populäre Titel als eBooks für den eigenen eReader an.


Am größten ist die Auswahl in der Zentralbibliothek am Hühnerposten nahe dem Hauptbahnhof. Vor drei Jahren wurde sie aufwendig umgebaut – und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Alles ist hell und freundlich geworden, ein gemütliches Café und viele neue Sitzgelegenheiten laden zum Verweilen ein. Bei Familien sind kostenlose Angebote wie Spielenachmittage, das Vorlesen für Kinder oder das Bilderbuch-Kino beliebt.


„Gerade wenn es im Winter kalt und dunkel ist und man mit seinen Kindern nicht so viel draußen machen kann, sind die Bücherhallen eine tolle Alternative“, erklärt Pressereferentin Gabriele Rösch. „Bei uns haben Eltern die Möglichkeit, ihren Kindern kostenlos ein paar Stunden Spaß, Abwechslung und wertvolle Anregung zu bieten.“  Ältere Kinder und Jugendliche können Roboter oder Musik programmieren oder in der offenen Werkstatt („FabLab“) eigene Projekte mit dem 3-D-Drucker umsetzen und vieles mehr. Auch in den anderen Standorten wie Barmbek, Altona oder Harburg machen viele dieser Angebote die Bücherhallen zu kulturellen Treffpunkten der Stadtteile.
Dazu gehören auch kostenlose Angebote für Erwachsene – beispielsweise Lesungen, Ausstellungen und Tanzkurse, aber auch Beratung zur beruflichen Weiterbildung oder die Gesprächsgruppe „Dialog in Deutsch“, in der Zugewanderte ihre Sprachkenntnisse durch Sprechen verbessern können. Speziell für Seniorinnen und Senioren gibt es ebenfalls eigene Angebote wie „SILBER & SMART“.


Wo der Weg zur nächsten Bücherhalle mal etwas länger ist, kommen Susann Brauns und ihre Kolleginnen mit einem von zwei blauen Bücherbussen.  Auf ihrem Fahrplan liegen die Vier- und Marschlande, aber auch Hamm-Süd und Rothenburgsort. Mit der rollenden Bücherhalle bringt Susann Brauns 4.500 Medien, also Bücher, DVDs, Computer- und Brettspiele vorbei. „Unser Schwerpunkt sind Bücher für Kinder unter zehn Jahren – also Bilder- und Erstlesebücher“, erklärt die 40-jährige Bibliotheksassistentin.
Überall, wo der Bus Station macht, warten schon kleine und große Stammgäste wie Emily Harms mit ihrer dreijährigen Tochter Mila aus Hamm-Süd. „Die Kleine freut sich immer auf den Bus. Vielleicht liebt sie deshalb momentan Bilderbücher mit Autos“, erzählt die junge Mutter lachend. Jeden Dienstag geht sie mit Mila direkt nach der Kita zur Haltestelle in der Süderstraße.  Meistens ist auch Susanne Thomass da. Die 78-Jährige „gönnt sich heute einen Filmabend“ und sucht nach neuen DVDs. „Der Bücherbus hält fast vor meiner Haustür. Das ist eine super Sache, weil ich manchmal zu faul bin, in die Bücherhalle zu fahren“, sagt sie und zeigt entschuldigend auf ihre Gehhilfe. Manchmal lässt sie sich auch Bücher oder Filme aus dem großen Bestand der Zentralbibliothek bringen – auch das ist möglich.


DIE HAMBURGER VOLKSHOCHSCHULE
Eine weitere öffentliche Bildungseinrichtung mit großem Angebot ist seit mehr als 100 Jahren die Hamburger Volkshochschule.  Sie nutzt ihre eigenen Häuser, aber auch über 200 Lernorte wie Grundschulen oder Bürgerhäuser in den Stadtteilen.  Bekannt ist die Volkshochschule (VHS) vor allem für ihre vielen Sprach-, Fotografie-, Koch- oder Computerkurse, Kurse für die berufliche Weiterbildung oder zur Persönlichkeitsentwicklung. Diese Kurse richten sich meist an Erwachsene und sind kostenpflichtig.
Weniger bekannt ist, dass die Volkshochschule sehr viele kostenlose und kostengünstige Angebote hat und – vor allem in den Schulferien – auch Kurse für Kinder und Jugendliche bietet („Junge VHS“). Zu den kostenlosen Angeboten zählen beispielsweise Deutsch- und Englischkurse oder andere Kurse im Bereich „Grundbildung“, also Lesen, Schreiben und Rechnen oder der Umgang mit Computern. Der Bedarf ist größer, als man vielleicht denkt: Rund 150.000 erwachsene Hamburgerinnen und Hamburger mit Deutsch als Muttersprache haben Lese-, Schreib- und Rechenschwierigkeiten. Diesen Menschen will die Volkshochschule helfen. „Wer nicht ausreichend lesen und schreiben kann, hat es im Alltag sehr schwer“, weiß Uwe Grieger, der Direktor der Hamburger Volkshochschule.  „Gerade durch den digitalen Wandel verlangen auch einfache Alltagsaufgaben gute Lese- und Schreibkompetenzen. Behördenkontakte, Terminvereinbarungen und auch Bezahlvorgänge erfolgen immer häufiger nur noch digital und ohne persönlichen Kontakt.“ Umso wichtiger sind daher grundlegende Fähigkeiten, um den Alltag meistern zu können. 


Dazu kommen Menschen, die noch nicht lange in Deutschland leben und die Sprache lernen wollen. Hier bietet die Volkshochschule neben regulären (also kostenpflichtigen) Kursen seit 20 Jahren auch kostenlose „Deutschkurse für Mütter in der Schule“ an, wo Mütter an 58 Hamburger Grundschulen Deutsch lernen, während ihre Kinder in der Schule sind.


TEXT: Rainer Müller

 

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